UBS – Ende eines unrühmlichen Kapitels

Trotz aller Bemühungen wird die ehemalige UBS-Führung höchstwahrscheinlich nicht zur Verantwortung gezogen werden. Ein unrühmliches Kapitel in der Geschichte der Grossbank geht damit zu Ende. Aber wurde aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt?

Hätte man UBS dem freien Markt überlassen, wäre sie heute konkurs. Nur dank dem Geld der Schweizer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sowie der Bekanntgabe von Kundennamen an die amerikanischen Steuerbehörden ist sie diesem Schicksal entronnen und schreibt mittlerweile wieder Gewinne. Aber hartnäckig hält sich der Verdacht, dass längst nicht alle Lehren aus der Krise beherzigt wurden.

Schweizer Justiz aussen vor

Obschon das Aktionariat die Entlastung der Unternehmensführung für das Jahr 2007 verweigerte, sah der UBS-Verwaltungsrat keinen Anlass, gegen die ehemalige Führungsriege der Bank vorzugehen. Anfang 2011 versuchten mehrere Dutzend ACTARES-Mitglieder mit insgesamt 270 000 Aktien, die letzte Chance zu nutzen: die Traktandierung eines Antrags, der den Verwaltungsrat verpflichten sollte, ein Gerichtsverfahren anzustrengen.

Trotz ausserordentlichem Engagement gelang es nicht, die statutarisch geforderte Anzahl von 625 000 Anteilen für diesen Vorstoss zu gewinnen. Da die fünfjährige Verjährungsfrist 2012 endet, bleibt die frühere UBS-Spitze aller Wahrscheinlichkeit nach von der schweizerischen Justiz unbehelligt. Die in den USA eingeleiteten Verfahren dagegen nehmen ihren Lauf.

Zukunftsorientierte Lösung

ACTARES hat die Gründe für dieses Fiasko analysiert: Zum einen zeigt sich, dass das schweizerische Zivilrecht auf Streitigkeiten zwischen wirtschaftlich ähnlich starken Parteien ausgelegt ist. Allein schon wegen der Verfahrenskosten hat David gegen Goliath keine Chance. Zum anderen sind selbst grosse Pensionskassen bei grosskapitalisierten Konzernen vergleichsweise kleine Aktionäre. Als logische Folge dieser Zustände schlägt ACTARES die Schaffung einer spezifischen Gerichtsbarkeit in der Schweiz vor, die für Streitigkeiten zwischen börsenkotierten Unternehmen und ihren Anteilseignern zuständig ist (Siehe Seite 8).

Arroganz oder fehlende Einsicht?

Trotz anhaltender Schwierigkeiten und Unklarheiten tragen die Anstrengungen von UBS auf operativer Ebene zum Wiederaufbau ihrer Reputation langsam Früchte. Aber während die Kunden den Weg in die Schalterhallen wieder gefunden zu haben scheinen, dürfte das Wohlwollen der Öffentlichkeit noch eine Weile auf sich warten lassen. Kleidungsvorschriften, die sogar die Farbe der Unterwäsche vorschrieben, sorgten weltweit für Gelächter, bevor sie schliesslich zurückgezogen wurden.

Schlimmer noch: CEO Oswald Grübel lässt keine Gelegenheit aus, um die gemässigten Vorschläge des Parlaments, die in Zukunft die Rettung von Banken durch die öffentliche Hand unnötig machen sollen, in Frage zu stellen.

Ob dies als Arroganz oder als krasser Mangel an Einsicht zu werten ist, sei dahingestellt. Schlicht unverständlich ist dagegen das sture Festhalten von UBS an ihrer US-Tochter im Bereich Investmentbanking, dem eigentlichen Krisenherd: Obgleich deren Performance nach wie vor zu wünschen übrig lässt, teilen sich ihre Kader den Löwenanteil der ausgeschütteten Boni untereinander auf, als ob es nie eine Krise gegeben hätte. Man wolle Talente an das Unternehmen binden, heisst es dazu lapidar.

Hoffnungsschimmer

Trotz der Unverhältnismässigkeit der Ausschüttungen ist festzuhalten, dass die Vergütungsgrundsätze verbessert wurden. Das gegenwärtige System ist kompakter und nachvollziehbarer – ein lobenswerter Fortschritt. Zudem hat UBS einen Verhaltens- und Ethikkodex verabschiedet, die Finanzen wurden saniert, und das tägliche Engagement der Mitarbeitenden ist nach wie vor bemerkenswert. ACTARES hofft, dass diese Fortschritte Bestand haben. Dennoch bleibt noch vieles zu tun: Im Gegensatz zur Konkurrenz hat UBS ihre Nachhaltigkeitsrichtlinien und -standards noch immer nicht veröffentlicht. Deren Diskussion und externe Kontrolle wird so verhindert. Daran ändern auch die wiederholten und oft zu vagen Absichtserklärungen der Bank nichts.

Appetit zügeln

Die neue UBS, deren Konturen sich hinter langjährigen Gewohnheiten abzeichnen, verdient den Rückhalt ihrer Aktionärinnen und Aktionäre. Sie müssen der Unternehmensführung unmissverständlich klarmachen, dass eine Rückkehr zu Renditen, wie man sie vor der Krise gewohnt war, nicht erwünscht ist. Nach dem durch die Kasinomentalität verursachten Desaster plädiert ACTARES resolut für ein gesundes Mass an Vorsicht anstelle einer ungezügelten Gier nach kurzfristigen Gewinnen. Die Postulate der Nachhaltigkeit gelten nicht nur für gesellschaftliche oder umweltbezogene Belange, sondern auch für die langfristige finanzielle Gesundheit von UBS.

Auslegeordnung

Überblick über einige Vorstösse, um die ehemalige UBS-Führung zur Verantwortung zu ziehen:

  • Strafklage: Kein einziges der Schweizer Gerichte, bei denen eine Strafklage gegen die ehemalige UBS-Führung eingereicht wurde, beurteilte die Faktenlage als ausreichend, um ein Verfahren zu eröffnen.
  • Zivilklage: Die Aktionärinnen und Aktionäre haben zwar das Recht, anstelle der Bank eine Zivilklage gegen frühere Führungspersonen einzureichen, die Klage muss sich jedoch auf die Gesamtheit der Börsenverluste beziehen. Angesichts der Prozesskosten, die proportional zu den über 200 Milliarden Franken Klagesumme fällig werden, ist ein solches Unterfangen schlicht nicht umsetzbar.
  • Beschluss der Aktionärinnen und Aktionäre: Eine Gruppe von Anteilseignern versuchte an der Generalversammlung 2011 einen Antrag einzubringen, der den Verwaltungsrat zum Handeln gezwungen hätte. Die erforderlichen 625 000 Anteile konnten jedoch nicht rechtzeitig mobilisiert werden.
  • Börsenbusse: Am 14. Januar 2011 verhängte die Schweizer Börse eine Busse in der Höhe von 100 000 Franken gegen die UBS, weil diese im Sommer 2007 zu spät vor den drohenden Verlusten gewarnt hatte.