Positive Signale prägen das Nestlé-Jubiläum

Actares hat seit der Gründung die Tätigkeiten von Nestlé eng verfolgt. Das 150-jährige Bestehen des Nahrungsmittelkonzerns aus Vevey ist daher ein passender Anlass, Bilanz zu ziehen.

Nestlé ist eines der Unternehmen, die Actares von Anfang an besonders beschäftigt haben. Ein Blick zurück kann aufschlussreich sein.

Schwierige Anfänge

Die Jahrtausendwende ist stark von einer Abschottungsmentalität geprägt. Aktionärinnen und Aktionäre, die Fragen stellen, sehen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, sie mischten sich in fremde Angelegenheiten ein. Die Antworten sind unzureichend, einschüchternd und voller Misstrauen. Zugegeben: Es ist die grosse Zeit der Spekulanten, die feindliche Übernahmen planen, um die Unternehmen dann zu zerschlagen, was Actares natürlich verurteilt.

Schlüsseljahre

2005 stellt die Nominierung von CEO Peter Brabeck als Verwaltungsratspräsident eine Zäsur dar. An der Generalversammlung wird das Doppelmandat mit nur 51 % der Aktionärsstimmen genehmigt, was einer Revolution gleichkommt. Obschon Nestlé sich zunächst damit schwertut, Kritik zuzulassen, veröffentlicht das Unternehmen quasi als Vorboten des «Konzepts der Gemeinsamen Wertschöpfung» einen Bericht zur sozialen Verantwortung. Die Vorschläge sind verbesserungsfähig, aber immerhin ein erster Schritt. Diese Jahre werden auch von Affären überschattet – etwa der Bespitzelung der Organisation Attac – und von gewaltsamen sozialen Konflikten, den schlechten Arbeitsbedingungen in der Kakaoproduktion oder den Bestrebungen von Nestlé, traditionelle Heilpflanzen unter Patentschutz zu stellen.

Vorsichtiger Optimismus

Dass ein Wandel stattfindet, zeigt eine öffentlichen Konferenz, die Actares 2010 an der Universität Lausanne veranstaltet. Peter Brabeck gibt dort zu, dass die Massnahmen von Nestlé gegen die Zwangsarbeit von Kindern in den Kakaoplantagen nicht zum Erfolg geführt haben. Derart offene Worte sind neu.

Die Kommunikation wird transparenter und entspannter. Die Aktionärinnen und Aktionäre, die im vergangenen Frühling an der Generalversammlung das Wort ergriffen, erhielten sogar Gelegenheit, auf die erhaltenen Antworten zu reagieren. Es ist inzwischen so etwas wie ein Dialog entstanden. Gleichzeitig stellt Actares fest, dass Nestlé allmählich ernsthaftere Anstrengungen unternimmt, der unternehmerischen Verantwortung gerecht zu werden, und dass das Unternehmen immer ausführlichere Berichte verfasst. Ein vielversprechender Weg, den es zu unterstützen, aber auch weiterhin aufmerksam zu beobachten gilt.

Aktuelle Situation

Im Zusammenhang mit der kommerziellen Verwertung von Trinkwasser bleiben weiterhin offene Fragen. In Kalifornien, das immer wieder unter Dürren leidet, reissen die Kontroversen nicht ab: Die Konkurrenz zwischen privater und öffentlicher Nutzung des «blauen Goldes» ruft Unmut hervor. Noch immer ist es Nestlé nicht gelungen, seine wirtschaftlichen Ambitionen mit den Interessen und Rechten der lokalen Bevölkerung in Einklang zu bringen.

Die Zwangsarbeit in der Lieferkette – in manchen Fällen muss gar von Sklaverei gesprochen werden – ist ein weiterer Stachel im Fleisch des Nahrungsmittelkonzerns. Problembereiche gibt es einige: Kakao, Kaffee, Haselnüsse, Crevetten, um nur die bekanntesten zu nennen. Nestlé ist sich der Probleme bewusst und kämpft seit Langem dagegen. Der Erfolg lässt jedoch auf sich warten. Müsste man vielleicht doch drastischere Massnahmen wie den Verzicht auf die problematischen Zutaten in Erwägung ziehen?