Nestlé neu in der Pharmabranche aktiv?
Zwei Themen waren für ACTARES an der Generalversammlung von Nestlé besonders wichtig: die Förderung von funktionellen Lebensmitteln, welche Medikamenten gleich kommen, und die andauernden Versuche von Nestlé, Patente für natürliche Substanzen traditioneller Heilpflanzen zu erwerben.
ACTARES befragte Nestlé in einem Brief zu diversen Themen wie funktionellen Lebensmitteln, Patenten und Biodiversität, Nachhaltigkeitsbewertungen, dem WHO-Kodex über die Vermarktung von Muttermilchersatz, Nestlé Waters, Menschenrechte und Probleme mit den Gewerkschaften. Die Antworten von Nestlé waren unbefriedigend. Besonders die Annäherung an die Pharmaindustrie wirft zahlreiche Fragen auf.
Gute Geschäfte mit unserer Gesundheit
2012 hat Nestlé an der ETH Lausanne das Nestlé Institute for Health Science gegründet. Das Ziel: erforschen und vermarkten «medizinischer Nahrungsmittel», die auf ältere Menschen oder auf die Intensivpflege in Chirurgie und Pädiatrie abgestimmt sind. Weitere Forschungsbereiche sind chronische oder neurodegenerative Krankheiten (Alzheimer), Diabetes und starkes Übergewicht. Der Bedarf ist offensichtlich, und die Gewinnperspektiven sind attraktiv. «Wir leisten Pionierarbeit, indem wir einen neuen Bereich zwischen der Nahrungsmittelindustrie und der Pharmabranche bearbeiten», erklärte Peter Brabeck, Verwaltungsratspräsident von Nestlé.
Risikoreiche Tätigkeit
Die neue Ausrichtung der Tätigkeiten von Nestlé wirkt sich vielfältig aus: Diese «neuen Nahrungsmittel» werden als Medikamente eingestuft. Deshalb müssen klinische Tests durchgeführt werden, deren Anforderungen und Risiken bekannt sind. Gewisse Nebenwirkungen können erst langfristig auftreten und finanzielle Risiken bergen.
Nestlé kaufte kürzlich wohl mit ähnlichen Absichten L’Oréals Anteile an Galderma, einem auf Dermatologie spezialisierten Pharmaunternehmen. Galderma selbst hatte 2011 für 1,1 Milliarden Franken ein schwedisches Unternehmen namens Q-Med mit Schwerpunkt in der Schönheitsmedizin erworben.
Aktionariat nicht überzeugt
Diese neue «strategische Ausrichtung» wurde an der Generalversammlung nur von 62 % der 2‘708 anwesenden Aktionarinnen und Aktionäre gebilligt (17 % Gegenstimmen), welche 1,63 % aller Aktien mit Stimmrecht repräsentierten. Bedauerlich, dass diese informelle Abstimmung nur zum Ziel hatte, das elektronische Abstimmungssystem zu testen.