Bedeutet "Gute Geschäftsführung" auch gute Leistung in Nachhaltigkeitsfragen?
Die Stiftung Ethos publizierte diesen Herbst die Studie: "Corporate Governance, eine Herausforderung für Schweizer Unternehmen".Diese umfasst die 100 grössten Unternehmen der Schweiz und klassiert sie in vier Kategorien. Manche dieser Unternehmen wurden auch von ACTARES kontaktiert und zum Teil bewertet. Ein Vergleich.
In der Kategorie leaders erscheinen Credit Suisse Group, Novartis, Swiss Re, UBS, Unaxis, Vögele und Zurich Financial Services. Bei den ersten vier hatte ACTARES Nachhaltigkeits-berichte verlangt. Diese Forderung wurde unterdessen von allen erfüllt. In der Auswertung von sechs im Jahre 2002 erschienenen Berichten durch ACTARES gelangte CSG auf den zweiten, Novartis auf den vierten und Swiss Re auf den fünften Platz. CSG, Swiss Re und UBS haben auf unsere Umfrage zur Gleichstellung reagiert, Unaxis und Zürich FS nicht. Swiss Re investiert von den angefragten Versicherungen am meisten in nachhaltige Anlagen, allerdings entspricht dies nur einem sehr geringen Anteil des ganzen Anlagevolumens. Vögele versprach 2001 eine schnelle Zertifizierung seiner Lieferanten. Nach einem Führungswechsel schien diese Angelegenheit stillzustehen, beginnt aber jetzt wieder anzulaufen.
Gleich gut klassiert bezüglich Transparenz, aber etwas weniger gut, was die Corporate Go-vernance betrifft, sind Adecco, Bâloise, Clariant, Holcim, Nestlé, Saurer, SIG und Swisscom. In der Bewertung von ACTARES landete Holcim im vierten und Nestlé im fünften Rang (zu-sammen mit Swiss Re). Clariant wies die Forderung nach einem Nachhaltigkeitsbericht zu-rück, antwortete aber auf die Fragen zur Gleichstellung. Adecco, Holcim und Saurer haben nicht auf diese Fragen geantwortet, gaben aber eine Begründung. Von Bâloise, Nestlé und SIG kam keine Antwort.
Am Schluss der Kategorie leaders erscheinen ABB, Ciba, Rentenanstalt, Sulzer und Syn-genta. ABB gelangte bei der ACTARES-Studie auf den ersten Platz, auf die Fragen zur Gleichstellung kam aber keine Reaktion. Ciba, Sulzer und Syngenta beantworteten die Fra-gen auch nicht, lieferten aber eine Begründung. Rentenanstalt reagierte nicht auf die Anfrage zu den Investitionskriterien.
Zu den secret implementers gehören Converium und Givaudan. Das heisst, sie praktizieren gute Geschäftsführung, ohne darüber zu reden. Givaudan veröffentlichte 2001 einen Um-weltbericht; Converium hat keine Anlagekriterien zur Nachhaltigkeit.
Window dressers sind: Schindler, Serono (nahe bei den leaders), Nationale Suisse und Richemont. Schindler verbesserte auf Grund unserer Anfrage die Informationen zum Um-weltbereich, hat aber noch keinen Umweltbericht veröffentlicht. Das trifft auch für Serono zu. Schindler und Richemont begründeten ihre Nichtteilnahme an der Umfrage zur Gleichstellung. Nationale Suisse reagierte nicht auf die Fragen zu Nachhaltigkeitskriterien bei Finanzanlagen.
Unter den laggards, den Nachzüglern, befinden sich Bobst, Helvetia Patria, Sika, SGS und Swatch. Bei Bobst ist ein Nachhaltigkeitsbericht angekündigt, bei Helvetia Patria ein Um-weltbericht. Sika hat die Fragen zur Gleichstellung beantwortet. Swatch meinte spontan, sie wollten keine Zeit verlieren mit Aktionärsfragen (!), und von SGS erhielten wir keine Antwort. Helvetia Patria hat keine Nachhaltigkeitskriterien in der Anlagepolitik.
Zusammenfassung
Die transparentesten Unternehmen bezüglich Corporate Governance kommunizieren auch am besten zu Umwelt- und Gesellschaftsthemen (Credit Suisse Group, Swiss Re, UBS). Studien zur Frage, ob sie auch inhaltlich in diesen Bereichen die Besten sind, fehlen noch. Andere Unternehmen veröffentlichen zwar einen Nachhaltigkeitsbericht, kümmern sich aber wenig um Aktionärsanfragen zu sozialen Themen (ABB, Bâloise, Nestlé). Eine weitere Gruppe ist bemüht, die Kommunikation im Nachhaltigkeitsbereich zu verbessern, hat aber bei der Corporate Governance Nachholbedarf (Bobst, Helvetia Patria, Sika).
Gefragt sind jetzt eine vermehrte Aufmerksamkeit der verschiedenen Anspruchsgruppen und eigenständige Analysen, die dann mit der Unternehmenskommunikation verglichen werden können.
Kriterien und Klassierung von Ethos:
Erstes Kriterium ist die Beachtung der Richtlinien der Schweizer Börse SWX von 2002 be-züglich der Informationen zur Corporate Governance. (Corporate Governance ist, laut SWX, "die Gesamtheit der auf die Aktionärsinteressen ausgerichteten Grundsätze und Regeln über Organisation, Verhalten und Transparenz, die – unter Wahrung von Entscheidungsfähigkeit und Effizienz der Führung – auf oberster Unternehmensebene ein ausgewogenes Verhältnis von Leitung und Kontrolle anstreben".) Zweites Kriterium sind die Regeln guter Geschäftsführung von Ethos bezüglich Transparenz, Kapitalstruktur, Zusammensetzung und Organisation des Verwaltungsrates, Unabhängigkeit der Kontrollorgane und Aktionärsrechten. Die vier Kategorien sind: leaders für gute Transparenz und gute Geschäftsführung, secret implementers für geringe Transparenz und gute Geschäftsführung, window dressers für Transparenz ohne gute Geschäftsführung und laggards (Nachzügler) für Firmen, die beide Kriterien schlecht erfüllen.
Unternehmenskontakte von ACTARES:
Aufforderung zur Publikation von Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichten an 10 Unternehmen.
Analyse von sechs Nachhaltigkeitsberichten (Vergleich der Nachhaltigkeitsberichte von sechs Schweizer Grossunternehmen, nach den Vorgaben der Global Reporting Initiative, ACTARES, März 2003).
Detaillierte Fragen zur Gleichstellung bei 30 grossen Firmen.
Anfrage bei den grossen Versicherern zu Nachhaltigkeitskriterien bei ihren Investitionen.