Votum 1 von Actares an der Credit Suisse-GV 2017
Im Jahr 2013 schloss Credit Suisse London in Kooperation mit der russischen Bank VTB London Kreditgeschäfte mit hohen Regierungsvertretern Mosambiks, des neuntärmsten Landes, ab. In dem Deal ging es um geheime Zahlungen von über 2 Milliarden USD für „Verteidigungszwecke“. Credit Suisse finanzierte einen der Kredite über Bonds und behauptete gegenüber den Käufern, sie dienten der Investition in eine Thunfischfangflotte, die über-durchschnittliche Renditen abwerfen werde. Diese Flotte sollte aber nur den militärischen Kreditzweck camouflieren. Weil die Bondkäufer leer ausgingen, folgte im März 2016 eine Umschuldung.
Vieles spricht dafür, dass Credit Suisse London bei diesem Kreditgeschäft nicht die notwendigen Sorgfaltspflichten wahrgenommen hat. Das wird ja jetzt von mehreren Aufsichtsbehörden in Mosambik, England und den USA untersucht. Vielleicht auch von der Finma?
Erlauben Sie mir ein paar Fragen zu den nicht-juristischen Folgeschäden dieses Geschäfts:
Das Kreditgeschäft wurde vor der mosambikanischen Zentralbank, den Geberländern, der Weltbank und dem IWF verschwiegen. Herr Thiam, ich weiss, Sie waren damals noch nicht CEO von Credit Suisse. Aber wieso haben Sie, als Sie das Ruder übernahmen, das Versteckspiel bis nach der Umschuldung des Ematum-Kredits, Ende März 2016, weitergespielt? Es war doch absehbar, dass der IWF und die Geber von Budgethilfe umso harscher reagieren würden, je länger diese Geheimniskrämerei dauerte?
Als die geheimen Kredite aufflogen, mutierte Mosambik vom Musterland zum Prügelknaben. Der IWF und die westlichen Geldgeber stellten die für die Entwicklung des Landes erforderliche finanzielle Blutzufuhr ab. Inflation, Währungsverfall und leere öffentliche Kassen führten dazu, dass das Land Ende Oktober 2016 den Bankrott erklären musste. Den Spitälern fehlen nun wichtige Medikamente und medizinische Utensilien, die Sterblichkeit steigt. Den Schulen mangelt es an einfachstem Material, die mickrigen Löhne werden weiter reduziert. Herr Rohner, Herr Thiam: Können Sie es verantworten, dass Credit Suisse mit ihrem Kreditgeschäft die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit in Mosambik torpediert hat?
Millenniumsziel Nr. 8 der UNO (und sinngemäss die Sustainable Development Goals 2016/17) gelten dem Aufbau „eines (...) berechenbaren (...) Handels- und Finanzsystems“, „verantwortungsbewusster Regie¬rungsführung“, der „Lösung der Schuldenprobleme“ und der „Senkung der Armut“. In Mosambik lebt die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Der Kreditskandal trieb die Schuldenlast jedoch um 20 Prozent (die Sonntagszeitung behauptet sogar, um 35 Prozent!) in die Höhe und macht aus Mosambik das am tiefsten ver¬schuldete Land Afrikas. Gemessen an seiner Wirtschaftskraft wird Mosambiks Schuldendienst zweieinhalb mal höher sein als die Brexit-Zahlungen Englands an die EU – und dies wiederkehrend jedes Jahr. Herr Rohner, Herr Thiam, wirkt Ihre Bank den erwähnten Entwicklungszielen der UNO entgegen? Was tun Sie in Zukunft für die Erreichung dieser Ziele?
Mit den Krediten wurden u.a. Waffen gekauft und im Landesinnern getestet. Ein Sohn des Präsidenten war persönlich dafür verantwortlich! Zu dieser Zeit führten in Mosambik Frelimo und Renamo (erstmals seit 1991) wieder Krieg gegeneinander. Tausende Zivilisten flohen in Nachbarländer. Im April 2016 betreute Malawi bis zu 15‘000 mosambikanische Flüchtlinge. Viele Menschen verlassen wegen der schwer zumutbaren Lebensbedingungen immer noch das Land! - Herr Rohner, Herr Thiam: Trägt Credit Suisse mit ihren Geschäften zur Entstehung von Flüchtlingsströmen bei? Was werden Sie zur Wiedergutmachung tun?
Credit Suisse hat für die Kredite eine Staatsgarantie verlangt. Diese Garantie hätte das mosambikanische Parlament absegnen müssen. Es wurde aber umgangen, und das bedeutet einen Verfassungs- und Gesetzesbruch, zu dem Ihre Bank Beihilfe leistete. Herr Rohner, Herr Thiam: Wie begründet dies Credit Suisse, wo sie doch proklamiert, sie erfülle „alle geltenden Gesetze und Vorschriften in allen Ländern, in denen sie tätig ist“? (zit aus: Der Bund, 30.01.17)
Credit Suisse hat sich, seitdem der Skandal publik wurde, nie öffentlich zu ihrer Mitwirkung bekannt. Wer bei Google die Wörter „Mozambique“, „Debt“, und „Credit Suisse declines to comment“ eingibt, dem fliegen die zahlreichen Artikel aus der Weltpresse förmlich entgegen, die das Schweigen der Grossbank dokumentieren – vom Wall Street Journal über Financial Times, Business News, Guardian bis zur NZZ. Herr Rohner, Herr Thiam: Untergräbt eine Firma, die sich mit so viel Energie um die Verhinderung von Aufklärung bemüht, nicht ihre Glaubwürdigkeit, Ihre Kreditwürdigkeit? Der Firmenname „Credit Suisse“ verpflichtet Sie doch zu mehr Transparenz!
Noch eine letzte Frage: Haben Sie den offenen Brief an die Leitung von Credit Suisse, den Rat Kontra-punkt am 8.12.2016 publiziert hat, gelesen? Wann finden Sie die Zeit, darauf zu antworten?
(Votum: Thomas Kesselring, Mitglied von Actares)