Ein aktives Aktionariat: wer, wie, wozu?
Jetzt machen auch institutionelle Investoren, was Actares macht. Actares braucht es deshalb umso mehr.
Active Ownership beruht auf zwei Säulen: Abstimmen bei Generalversammlungen und Dialog mit Unternehmen.
Das Kapital soll in diejenigen Unternehmen fliessen, die nachhaltig wirtschaften. Dieser Gedanke steht hinter den meisten Ansätzen für nachhaltiges Anlegen – etwa der Berücksichtigung finanzieller Risiken im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten («ESG-Integration»), Ausschlusskriterien für gewisse Branchen oder der Auswahl der nachhaltigsten Titel je Sektor («Best in class»).
Das Problem dieser Ansätze: Solange sie nicht flächendeckend zur Anwendung kommen, kann nicht verhindert werden, dass ausgeschlossene Unternehmen trotzdem Kapital aufnehmen, und zwar von weniger nachhaltigkeitsbewussten Investoren.
Stattdessen können Anlegerinnen und Anleger auch – und gerade – in Unternehmen investieren, die nicht zu den Musterschülern gehören, und danach streben, sie zu einer nachhaltigen Geschäftsführung zu bewegen. Das ist die Idee von Active Ownership (der englische Begriff ist auch im Deutschen geläufig). Active Ownership beruht auf zwei Säulen: dem Abstimmen bei Generalversammlungen und dem Dialog mit den Unternehmen.
Zu den Pionieren der Active Ownership gehören die Mitglieder von Actares, denn Abstimmen und Dialog sind seit über 20 Jahren das Kerngeschäft der Organisation. Heute nimmt Actares Stimmrechtsdelegationen für alle Unternehmen im Swiss Performance Index (SPI) entgegen. Mit sieben Unternehmen steht Actares gegenwärtig in einem fortlaufenden Dialog: Holcim, Nestlé, Novartis, Sandoz, Swiss Re, UBS und Zurich. Kriterien für diese Auswahl sind unter anderem: das wirtschaftliche Gewicht dieser Unternehmen; die Themenführerschaft, die sie für sich in Anspruch nehmen; die Grösse ihrer CO2-Emissionen; und ihre Anfälligkeit für Kontroversen. Der Dialog wird höchstpersönlich von ehrenamtlich mitarbeitenden Actares-Migliedern geführt.
Institutionelle Investoren und Politik setzen vermehrt auf Active Ownership
In den letzten Jahren hat Active Ownership mehr und mehr an Bedeutung gewonnen, weil Nachhaltigkeitsanliegen immer stärker in den Fokus von Politik, Kundschaft und Öffentlichkeit rücken. Dies erhöht den Druck auf Investoren, die in der Folge Druck auf investierte Unternehmen ausüben.
Unternehmen, die nicht vorausschauend auf nachhaltigere Geschäftsmodelle umstellen, sind sogenannten «Transformationsrisiken» ausgesetzt, zum Beispiel: zu wenig Kapital für die Einführung innovativer Technologien oder Prozesse, zu langsame Anpassung an veränderte Konsumentenwünsche und Wettbewerbssituationen oder ungenügende Vorbereitung auf ein neues regulatorisches Umfeld. Je langsamer ein Unternehmen sich anpasst, desto grösser sind diese Risiken. Denn für deren Bewältigung müssen Unternehmen Nachhaltigkeitsdaten entlang der gesamten Wertschöpfungskette erheben, strategische Entscheide treffen, Kapital beiseitestellen und Neuerungen im Betrieb und in der Lieferkette umsetzen. All dies kann Jahre in Anspruch nehmen.
Institutionelle Investoren, die besonders risikosensibel sind, forcieren seit ein paar Jahren den Dialog mit investierten Unternehmen und fordern, dass diese ihre Nachhaltigkeitsperformance offenlegen. 2017 entstand die Initiative «Climate Action 100+», ein Zusammenschluss von über 600 institutionellen Investoren, davon fast 50 aus der Schweiz, einschliesslich Swiss Life, UBS und Zurich. Im Fokus ihres Dialogs stehen knapp 170 der grössten CO2-Emittenten der Welt, darunter Holcim und Nestlé. Weitere solche Initiativen existieren zum Beispiel im Bereich Natur und Biodiversität.
Schon seit dem Jahr 2000 existiert die Organisation CDP (ursprünglich «Carbon Disclosure Project»), die eine Plattform für die Offenlegung von Klima- und Naturdaten bietet. Anstoss für Offenlegungen sind die Anfragen von Investoren an spezifische Unternehmen. 2023 haben rund 750 Investoren mit verwalteten Vermögen von über 136’000 Milliarden US-Dollar gut 15’000 Unternehmen dazu aufgefordert, Nachhaltigkeitsdaten via CDP offenzulegen.
Nicht zuletzt ist die Politik auf den Active-Ownership-Ansatz aufmerksam geworden. Der «Standpunkt des Bundesrates bezüglich Greenwashing-Prävention im Finanzsektor», veröffentlicht im Dezember 2022, unterscheidet bei nachhaltigen Finanzprodukten zwischen der «Verträglichkeit» mit und einem «Beitrag zur Umsetzung» von einem oder mehreren Nachhaltigkeitszielen. Für Verträglichkeit genügen nach Ansicht des Bundesrats Ausschlusskriterien für Investitionen, während ein «Produkt, das einen Beitrag zur Umsetzung eines Nachhaltigkeitsziels leisten soll ... in der Regel einen Impact-Investing-Ansatz ... und/oder einen glaubwürdigen Active-Ownership-Ansatz» verwendet.
Institutionelle Investoren müssen ihre Active Ownership verbessern
Nicht umsonst betont der bundesrätlichen Standpunkt die Glaubwürdigkeit im Zusammenhang mit Active Ownership. Wie jeder andere Ansatz des nachhaltigen Anlegens ist Active Ownership kein Wundermittel – und kann im schlimmsten Fall nur zum Schein betrieben werden. Wenig überraschend ist hie und da bereits von «Active-Ownership-Washing» die Rede.
Active Ownership durch institutionelle Investoren kann in verschiedener Hinsicht unglaubwürdig sein:
- Es existieren keine Abstimmungskriterien oder Dialog-Richtlinien – oder diese sind nur intern zugänglich.
- Es wird zwar an Generalversammlungen abgestimmt, aber im Sinne des Verwaltungsrats.
- Es gibt keine definierte und konsequent angewandte Eskalationsstrategie für den Fall, dass ein Unternehmen sich nicht verbessert.
Es gibt Hinweise, dass solche Defizite zurzeit noch weit verbreitet sind. Eine von Greenpeace in Auftrag gegebene Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) untersuchte die Active-Ownership-Praxis von 14 grossen Schweizer Vermögensverwaltern, darunter Credit Suisse, UBS, Swiss Life und Zurich. Die im Sommer 2024 publizierte Studie kommt zum Schluss, dass diese Vermögensverwalter Active Ownership im Allgemeinen nicht mit dem klaren Ziel betreiben, Änderungen zu bewirken. Sie machen nicht transparent, was sie mit Active Ownership bewirken wollen und welche messbaren Ziele sie den investierten Unternehmen setzen. Eskalationsstrategien existieren zwar auf dem Papier, werden aber nur selten umgesetzt.
Das Alleinstellungsmerkmal der Active Ownerhip von Actares
Das Gewicht ihrer Beteiligungen prädestiniert institutionelle Investoren eigentlich dazu, Active Ownership zu betreiben. Wenn sie es im Verbund tun, ist ihr Hebel noch grösser. Um Ergebnisse zu erzielen, müssen sie aber auch bereit sein, konfrontativ aufzutreten und zu eskalieren. Es gibt Belege dafür, dass dies Wirkung zeigt: So kann die Androhung eines Ausschlusses aus einem Index die Geschäftspolitik in einem signifikanten Mass beeinflussen. An Generalversammlungen können institutionelle Investoren starke Signale senden, indem sie auf der Basis von Nachhaltigkeitsüberlegungen gegen die Anträge des Verwaltungsrats stimmen. Und sie verfügen über die nötige Stimmenzahl, um selbst Anträge zu stellen – oder dies anzudrohen.
Actares als Vertretung individueller Aktionärinnen und Aktionäre kann keine vergleichbare Drohkulisse aufbauen. Aber im Unterschied zu institutionellen Investoren kennt Actares keine Zielkonflikte zwischen finanziellen Interessen und Active Ownership. Im Gegenteil: Letztere ist die Raison d’Être von Actares. Wann immer Actares im Namen der Mitglieder an Generalversammlungen abstimmt oder mit Unternehmen einen Dialog führt, geht es um den Schutz von Klima und natürlichen Ressourcen, Arbeits- und Menschenrechte, eine ausgewogene Geschlechtervertretung in Führungspositionen, sozial verträgliche Löhne oder eine korrekte Unternehmensführung.
Und: Seit Finanzinstitute im Geschäftsfeld von Actares mitmischen, gehört es zur Active Ownership von Actares, die Active Ownership von Unternehmen wie UBS, Swiss Life oder Zurich zu verfolgen und, wo nötig, Verbesserungen einzufordern.