Netzwerk: Club of Rome
«Aktionärinnen und Aktionäre stehen in der Verantwortung», mahnt der Club of Rome. Das renommierte internationale Netzwerk aus Wirtschaftsführern, Wissenschaftlerinnen und anderen Opinion Leaders hat bereits vor 50 Jahren auf den Zusammenhang zwischen Wirtschaft, Umweltproblemen und sozialer Verantwortung hingewiesen.
Die Covid-19-Pandemie stellt für uns alle eine bisher beispiellose Herausforderung dar. Die primäre Aufgabe besteht nun darin, die Gesundheit der Menschen zu schützen und denen unter die Arme zu greifen, deren wirtschaftliche Existenz durch die Krise gefährdet ist.
Dabei sollte nicht vergessen werden, dass die Ärmsten dieser Welt besonders betroffen sind: Während die meisten Industriestaaten vergleichsweise schnell Hilfsprogramme verabschiedet haben und Social Distancing zu einer Reduktion der Ansteckungen führte, sind Menschen in dicht besiedelten Slums in Ländern mit weniger gut ausgestatteten Gesundheitssystemen dem Virus schutzlos ausgesetzt. Internationale Kooperation und Solidarität sind daher wichtiger denn je und Signale des nationalen Egoismus, beispielsweise aus den USA, beunruhigend.
Über die Sofortmassnahmen hinaus ist es jedoch notwendig, sich grundsätzlicher die Frage zu stellen, wie die viel zitierte «neue Normalität» nach der Pandemie aussehen soll, und sich bewusst zu machen, dass die Welt schon vor Covid-19 mit langfristigen und miteinander zusammenhängenden anderen Krisen konfrontiert war: Ökologisch gehören dazu insbesondere der Klimawandel und der Verlust von Biodiversität. Auf sozialer Seite geht es unter anderem um die wachsende Ungleichheit in und zwischen Ländern und den zunehmenden Populismus. Die «neue Normalität» muss daher in der Lage sein, mit diesen multiplen Krisen umzugehen, wofür jetzt die richtigen Weichen gestellt werden müssen. Staatsausgaben und Konjunkturpakete zielgerichtet zu verwenden, um den ökologisch-sozialen Umbau unserer Wirtschaft zu unterstützen, ist essenziell. Die momentane Situation nicht zu nutzen, um die schon lange anstehenden Transformationsprozesse einzuleiten, wäre eine verpasste historische Chance.
Staatlichem Handeln kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. Dass «Wachstum» als Selbstzweck kein guter Indikator des Wirtschaftens ist, hat der Club of Rome bereits in seinem ersten Bericht «Die Grenzen des Wachstums» 1972 beschrieben und damit eine Diskussion ins Rollen gebracht, die bis heute anhält. «Building back better», wie es UN-Generalsekretär António Guterres beschrieb, muss daher die planetaren Grenzen unseres Planeten ernst nehmen, das Wohlergehen («Well-Being») der Menschen gegenüber Wachstum als Selbstzweck priorisieren und neue Indikatoren etablieren, nach denen sich Wirtschaftspolitik ausrichten sollte.
Doch auch Unternehmen sowie Aktionärinnen und Aktionäre stehen in der Verantwortung, ihren Teil zu einer nachhaltigen und resilienten Wirtschaftsweise beizutragen. Die Bemühungen von Konzernen, Nachhaltigkeitsstrategien umzusetzen, sind dabei kein altruistischer Dienst an der Gesellschaft, sondern Ausdruck vorausschauenden Unternehmertums. Globale Lieferketten werden direkt von den Konsequenzen des Klimawandels betroffen sein, da sie genauso wenig wie ein Virus regional begrenzbar sind. Auch steigende Meeresspiegel, die Unbewohnbarkeit ganzer Regionen oder die Zunahme von Extremwetterereignissen werden auch Unternehmen in der Schweiz direkt betreffen. Darüber hinaus sind Aktionärinnen und Aktionäre auf solide Zukunftspläne von Unternehmen angewiesen, wobei Nachhaltigkeit ein entscheidender Faktor ist.
Dass viele Unternehmen in der momentanen Situation primär um das Überleben und den Erhalt von Arbeitsplätzen kämpfen, ist richtig und verständlich. Darüber hinaus Ziele der Nachhaltigkeit, der Resilienz und des Wirtschaftens innerhalb unserer planetaren Grenzen nicht aus den Augen zu verlieren, ist unerlässlich, um mit zukünftigen Krisen adäquat umgehen zu können.
Till Kellerhoff, Club of Rome