Die Finanzbranche im Gegenwind
Banken und Versicherungen können sich nicht mehr länger wegducken, wenn es um die Verantwortung für die Klimaerwärmung geht.
Werden Schuldige für die Klimaerwärmung gesucht, ist oft von Flugverkehr, Heizungen oder Landwirtschaft die Rede, seltener von Banken oder Versicherungen. Credit Suisse oder Zurich Insurance Group brüsten sich damit, CO2-neutrale Betriebe zu sein, die grünen Strom kaufen, Geschäftsflüge kompensieren oder die Kühlung in Rechenzentren optimieren. Dabei unterschlagen sie, dass die Finanzbranche sehr wohl ein wichtiger Treiber der Klimaerwärmung ist – aber das wird erst offensichtlich, wenn man den Blick auf Finanzierungen lenkt, statt auf den Bürobetrieb.
Schlechte Noten für Credit Suisse und UBS
Der Bericht «Banking on Climate Change», verfasst von einer Gruppe von Umweltorganisationen, untersucht die Finanzierung von über 1800 Unternehmen im Bereich der fossilen Energien. 2018 hat Credit Suisse diese Unternehmen mit gut 17 Milliarden US-Dollar finanziert, UBS mit gut 10 Milliarden US-Dollar. Von 33 untersuchten globalen Banken liegt Credit Suisse damit auf Platz 14, UBS auf Platz 25. Die Richtlinien der Schweizer Grossbanken zum Rückzug aus der Finanzierung von fossilen Energien benotet der Bericht mit D–, der Note gleich über F für «failed», «durchgefallen». Für Actares ist klar, dass Credit Suisse und UBS trotz guten Ansätzen – zum Beispiel einem wachsenden Angebot an nachhaltigen Anlagen – ihrer Verantwortung für den Klimaschutz noch nicht nachkommen. An den Generalversammlungen der beiden Grossbanken forderte Actares deshalb, dass sie ihre Finanzierungsrichtlinien an den Zielen der Pariser Klimakonferenz ausrichten.
Zurich und Swiss Re: Ein Anfang ist gemacht Bei den beiden grossen Versicherungen tut sich bereits einiges: Zurich Insurance Group versichert nur noch Unternehmen, die weniger als 50 Prozent ihres Umsatzes mit Kohle oder Kohlestrom erzielen. Swiss Re setzt die Schwelle mit 30 Prozent noch tiefer an. Aber auch hier lohnt sich ein genauerer Blick: Bei Unternehmen mit grossen Umsätzen können auch Prozentanteile unter 50 oder 30 Prozent zu hohen absoluten CO2-Emissionen führen. An den Generalversammlungen von Zurich und Swiss Re forderte Actares deshalb, dass die beiden Versicherungen zusätzlich zur Prozentschwelle eine Mengenschwelle anwenden, zum Beispiel eine Begrenzung auf eine Fördermenge von 20 Millionen Tonnen Kohle oder 10 Gigawatt Kohlestrom.
Bericht «Banking on Climate Change»
Credit Suisse erhält Besuch aus Mosambik
In den Jahren 2013 und 2014 vergab Credit Suisse einen Kredit von über einer Milliarde US-Dollar an staatsnahe Unternehmen in Mosambik, die als Fassade für ein ausgeklügeltes Korruptionssystem dienten. Danach rissen die schlechten Nachrichten für Mosambik nicht mehr ab: erhöhte Staatsverschuldung, nachdem das Geld verschwunden war, Zahlungsstopp von Geberländern wie der Schweiz, Inflation, Sparmassnahmen – und im März und April dieses Jahres die Verwüstung durch die Zyklone Idai und Kenneth.
Das US-Justizministerium erhob Ende 2018 Anklage gegen drei Mitarbeiter von Credit Suisse, verschiedene mosambikanische Offizielle und eine dritte Partei. Die Anklageschrift beschreibt im Detail, wie die Verschwörer den Milliardenkredit einfädelten. Nicht nachvollziehbar ist bis heute, wie ein betrügerischer Kredit in dieser Höhe die internen Kontrollen bei Credit Suisse unterlaufen konnte.
Ende April erhielt Credit Suisse Besuch von Denise Namburete, Paula Monjane und Adriano Nuvunga, Delegierte eines Bündnisses zivilgesellschaftlicher Organisationen in Mosambik. Durch Vermittlung von Actares konnten sie sich an der Generalversammlung von Credit Suisse zu Wort melden und den Chefjuristen Romeo Cerutti zu einem persönlichen Gespräch treffen.
Die Gäste aus Mosambik forderten von Credit Suisse einen Schuldenerlass für Mosambik, damit sich das Land nach den Sparrunden und Naturkatastrophen wieder aufrappeln könne. Nach dem Gespräch zeigten sie sich zufrieden, einen ersten Kontakt geknüpft zu haben, betonten aber auch, dass es bis zu einer endgültigen Lösung noch ein weiter Weg sei.
UBS in Frankreich: Der Tropfen zu viel
Mit der Rekordbusse von 3,7 Milliarden Euro, die UBS vom französischen Staat aufgebrummt erhielt, war für einen Grossteil des Aktionariats das Fass übervoll. Actares, Ethos sowie der weltgrösste Stimmrechtsberater ISS empfahlen an der Generalversammlung, die Entlastung des Verwaltungsrats zu verweigern; Glass Lewis, ein weiterer wichtiger Stimmrechtsberater, empfahl Enthaltung. Am Ende folgten nur knapp 42 Prozent der Aktienstimmen dem Antrag des Verwaltungsrats auf Entlastung. Damit halten sich Aktionärinnen und Aktionäre die Option offen, während bis zu sechs Monaten nach der Generalversammlung eine Klage einzureichen. Die Verweigerung der Décharge ist über die Klagemöglichkeit hinaus auch ein Denkzettel für die Unternehmensführung. Deshalb verweigert Actares die Entlastung auch, wenn ein Unternehmen im Nachhaltigkeits- oder Klima-Rating schlecht abschneidet – gemäss dem Anspruch von Actares, nicht nur für eine gute finanzielle Performance einzustehen, sondern auch für Mensch und Umwelt.