Hürden bei der Zugänglichkeit der Medikamente
Pharmaunternehmen spielen eine Schlüsselrolle in der weltweiten Versorgung mit Medikamenten. Wegen extrem hoher Behandlungskosten erhalten in Entwicklungsländern weniger als die Hälfte der Kranken die notwendigsten Medikamente. Auch Industrieländer werden sich die momentanen Preise nicht mehr lange leisten können. Actares verlangt mehr Transparenz bei der Preisgestaltung.
In Schwellen- und Entwicklungsländern ist die staatliche Gesundheitsversorgung oft schlecht oder inexistent. Pharmaunternehmen tragen dabei eine erhebliche Mitverantwortung. Die World Health Organization (WHO) hat eine Liste mit den notwendigsten Medikamenten erstellt, die verfügbar sein müssten, damit viel mehr Patientinnen und Patienten als bisher eine Chance auf Heilung bei einer Vielzahl von Erkrankungen hätten.
Novartis führt, Roche fällt zurück
Bisher stehen diese dringend notwendigen Medikamente in Entwicklungsländern nur 46 % der Kranken zur Verfügung. Novartis hat den Ernst der Lage erkannt und engagiert sich mit diversen Programmen in Entwicklungsländern für eine Verbesserung des Medikamentenzugangs. Das Unternehmen ist deshalb auf dem Access to Medicine Index, einem Index über die Zugänglichkeit zu Medikamenten, auf Platz 4 vorgerückt. Ganz anders Roche: Die Firma ist gar zurückgefallen, von Platz 10 auf Platz 12. Höchste Zeit, dass Roche sich am Engagement von Novartis zu messen beginnt!
Rationierung als Lösung?
Nicht nur für Länder des Südens sind lebensrettende Medikamente oft unerschwinglich. Auch in den Industriestaaten sind Medikamentenpreise von mehr als 100 000 Dollar pro Person und Jahr kaum mehr tragbar. Für Schwerkranke droht ein Aus oder eine Rationierung von lebenswichtigen Behandlungen. Auch angesichts der zunehmend älter werdenden Bevölkerung warnt Margarete Chan, Präsidentin der WHO, vor dieser Entwicklung.
Intransparente Preispolitik
Wie diese stolzen Preise zustande kommen, liegt im Dunkeln. Novartis zeigte sich auf Anfrage von Actares zugeknöpft und gab keine Auskunft über die Preispolitik. Actares fordert eine klare Auflistung, welche Anteile auf Forschung und Entwicklung, Marketing, Vertrieb sowie Lobbying entfallen. Die Pharmariesen müssen damit rechnen, durch die öffentliche Diskussion über die Patentsysteme stark unter Druck gesetzt zu werden.
WHO-Liste mit den notwendigsten Medikamenten
Die Aktivitäten der Schweizer Pharmaindustrie im chinesischen Transplantationsgeschäft sorgten erneut für Befremdung. Es wurde publik, dass Novartis trotz der langjährigen Kontroverse um unethisch entnommene Spendenorgane neu mit einem chinesischen Transplantationszentrum zusammenarbeitet, um seine Medikamente zur Kontrolle von Abstossungsreaktionen nach Transplantationen zu testen und auf den Markt zu bringen. Actares, Amnesty International, die Erklärung von Bern und andere Organisationen thematisierten bereits vor fünf Jahren, dass in China hingerichteten Häftlingen Organe entnommen und in der Transplantationsmedizin verwendet wurden und werden. Damals stand Roche im Kreuzfeuer. Actares fragt: Wie lässt sich heute die Praxis von Novartis ethisch verantworten? Ist es gar denkbar, dass China die Verhängung von Todesstrafen als Geschäftsmodell dem Bedarf nach Versuchsorganen westlicher Pharmafirmen anpasst? Actares sucht die Antworten und bleibt dran.